Häufig gestellte Fragen zum 6. Kondratieff
Hier eine Übersicht auf häufig gestellte Fragen zum sechsten Kondratieff mit ihren Antworten
von Leo Nefiodow
1. Warum herrscht in den USA und Deutschland Vollbeschäftigung?
2. Geht der Kapitalismus seinem Ende entgegen?
3. Die Digitalisierung ist kein Träger des sechsten Kondratieffs
4. Die Rolle des Gesundheitswesens neu denken
4. Die Rolle des Gesundheitswesens neu denken
Leo Nefiodow, Dezember 2017
Was ist Gesundheit?
Der Begriff Gesundheit sollte heute nicht mehr auf den Körper reduziert werden. Er sollte als ein Systembegriff verstanden werden, der den ganzen Mensch und seine sozialen und ökologischen Beziehungen berücksichtigt. The World Health Organization (WHO) bekannteste definition of health is a state of complete physical, mental and social well-being and not merely the absence of disease or infirmity. In Dokumenten des WHO-Executive Boards wie auch in anderen Publikationen (z.B. in der WHO Bangkok Charta for Health Promotion aus 2005) wird die bekannte Definition noch um den spirituellen Aspekt erweitert: “Health is one of the fundamental rights of every human being and encompasses mental and spiritual well-being.“
Geht man von diesem Systemverständnis aus, dann umfasst Gesundheit fünf unterschiedliche Ebenen: den physischen, biologisch/psychovitalen, geistigen, psycho-sozialen und spirituellen Bereich (Abbildung1).
Abbildung 1: Die fünf Ebenen der ganzheitlichen Gesundheit
Physische Gesundheit: Die erste Ebene ist der Bereich der toten Materie. Gesundheit ist hier abhängig von materiellen Stoffen (insbesondere von Nahrungsmitteln) und ausreichender Bewegung. Physische Gesundheit ist Voraussetzung für körperliche und geistige Leistungsfähigkeit.
Biologische/biosoziale/psychovitale Gesundheit. Die zweite Ebene ist der Wirkungsbereich der Biologie und der angeborenen biologischen Programme. Man kann diese Ebene auch als den Bereich der biologischen Intelligenz betrachten. Gesundheit und Krankheit werden auf dieser Ebene von angeborenen Programmen bestimmt (Triebe, Gefühle, Emotionen, Instinkte, Archetypen).
Das Spektrum biologisch bestimmter Verhaltensweisen reicht von kooperativen Phänomenen wie Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit, Mitgefühl, Altruismus, familiärer Zusammenhalt und Gruppenbildung (Vereine, Clubs, Landsmannschaften, Nationalitäten) bis hin zu zerstörerischen Antrieben wie Feindschaft, Hass und Gewalt.
Geistige Gesundheit. Die dritte Ebene – die kognitive – ist eine Erscheinungsweise des Geistes. Sie ist jener Teil der Wirklichkeit, der mit logischer Erkenntnis und Denkfähigkeit zu tun hat. Auf dieser Ebene kommen Verstand, Vernunft, Gedächtnis und Selbst-Bewusstsein zum Vorschein.
Zur geistigen Gesundheit gehören gute Realitätswahrnehmung, Wertschätzung von intellektueller Redlichkeit und Wahrheit, verantwortungsvoller Umgang mit der Umwelt und den natürlichen Ressourcen sowie nicht verletzender Humor.
Psychosoziale Gesundheit. Auf der vierten Ebene steht die zwischenmenschliche Ethik im Vordergrund. Bei der psychoszialen Gesundheit geht es um das moralische Verhalten gegenüber uns selbst und gegenüber den anderen Menschen.
Für den Zugang zur psychosozialen Ebene sind zwei Tugenden unverzichtbar: Wahrhaftigkeit und Nächstenliebe. Im Mittelpunkt des moralischen Verhaltens zu uns selbst steht die Tugend der Wahrhaftigkeit; im Mittelpunkt des moralischen Verhaltens zu den anderen Menschen steht die Tugend der Nächstenliebe.
Die Nächstenliebe ist das positive, bejahende Du zum Nächsten. Sie nimmt die Spannung und das Trennende aus den zwischenmenschlichen Beziehungen und wandelt sie in heile Beziehungen um. Nächstenliebe ist mehr als Empathie, Wohlwollen oder Sympathie. Zu ihr gehört die innere Einstellung für das Wohl der anderen mitverantwortlich zu sein.
Spirituelle/religiöse Gesundheit. Auf der fünften Ebene geht es um die gesunde Beziehung zwischen Mensch und Gott. Gottes Liebe annehmen und im eigenen Lebensvollzug mit Liebe erwidern ist die höchste Stufe der spirituellen Gesundheit.
In den USA wurden zwischen 1990-2010 mehr als 5.200 wissenschaftliche Studien über den Zusammenhang zwischen Gesundheit und Religiösität durchgeführt. Raphael Bonelli und Harold Koenig haben sie im Sinne eines evidenzbasierten systematischen Reviews analysiert. In 74 Prozent der Studien bestand eine positive Korrelation zwischen Religiosität/Spiritualität und Gesundheit, 19 Prozent zeigten gemischte Resultate, 5 Prozent hatten eine negative Korrelation und bei 2 Prozent wurde kein Zusammenhang festgestellt. Bonelli zog daraus den Schluss: „Das Vorurteil, dass Religiosität generell einen negativen Einfluss auf die Psyche habe . . . oder dass keine wissenschaftlichen Studien zeigen würden, dass Religion der geistig-seelischen Gesundheit zuträglich wäre . . . kann heute als unwissenschaftlich und obsolet beiseite geschoben werden.“
Die Rolle des Gesumndheitswesens neu denken
Traditionell wird das Gesundheitswesen als ein eigenständiger Sektor der Gesellschaft betrachtet, von dem wir erfolgreiche Behandlung unserer gesundheitlichen Störungen und Krankheiten erwarten. Eine darüber hinausgehende Bedeutung wird selten thematisiert.
Diese Auffassung ist nicht mehr zeitgemäß. Dem Gesundheitssektor kommt heute und in Zukunft eine Bedeutung zu, die weit über die Behandlung von individuellen gesundheitlichen Störungen und Krankheiten hinausgeht. Will man die Probleme in der Welt besser als bisher in den Griff bekommen, dann ist das Gesundheitswesen derzeit eine der aussichtsreichsten Plattformen, um dieses Ziel zu erreichen. Wie lässt sich das begründen?
In der heutigen Welt gibt es keinen Mangel an Problemen. Auf den ersten Blick haben sie unterschiedliche Ursachen. Schaut man aber genauer hin, dann haben fast alle Probleme eine gemeinsame Ursache: der Mensch.
Der Mensch ist die Hauptursache der allermeisten Probleme. Sieht man von den Naturkatastrophen ab (welche von Menschen teilweise mitverursacht werden) dann sind die allermeisten Probleme der Welt von Menschen verursacht. Es ist der Mensch, der lügt, betrügt, besticht, verletzt, vergewaltigt und andere misshandelt und ausbeutet. Es sind Menschen, die das Internet und die Medien missbrauchen um falsche Informationen zu verbreiten, zu manipulieren und zu erpressen. Es sind Menschen, die Waffen herstellen und einsetzen, Kriege planen und durchführen, menschenfeindliche Ideologien wie Rassismus, Kolonialismus, Kommunismus und Nationalsozialismus erfinden und umsetzen. Alle Formen von Ungerechtigkeit, Gewalt, sozialer Unordnung, Kriminalität, Terrorismus und Destruktivität kommen von Menschen, ebenso die größte Belastung des Klimas und der natürlichen Umwelt.
Moralische Defizite gelten normalerweise als die Ursache dieser Probleme (Abbildung 2). Aber Moral hängt eng mit Gesundheit zusammen (Nefiodow und Nefiodow: Der sechste Kondratieff. 2017). Defizite der Moral können gesundheitliche Defizite auslösen, und gesundheitliche Defizite können moralisches Fehlverhalten verursachen. Sowohl unmoralisches Verhalten wie gesundheitlich Defizite sind – je nach Perspektive – die Hauptverursacher der allermeisten Probleme.
Das dürfte einsichtig werden, wenn man das Verhalten gesunder Menschen zum Vergleich heranzieht. Ein geistig gesunder Mensch nimmt keine Drogen und geht verantwortungsvoll mit den natürlichen Ressourcen um. Ein seelisch gesunder Mensch betrügt nicht, lügt nicht, ist nicht korrupt, liebt die Wahrheit. Ein sozial gesunder Mensch bricht nicht in fremde Wohnungen ein, beutet andere nicht aus, ist nicht nur am eigenen, sondern am Wohlergehen aller Menschen engagiert. Ein spirituell gesunder Mensch hat eine vertrauensvolle Beziehung zu Gott, tritt für Frieden und Versöhnung ein und verbreitet weder Hass noch Gewalt. Die Probleme in der Welt kommen nicht von gesunden Menschen.
Die Schlüsselrolle des sechsten Kondratieffs
Um die weltweiten Probleme in den Griff zu bekommen, werden von den Staaten die verschiedensten Maßnahmen ergriffen: Gesetze werden verschärft, die Ausstattung der Polizei wird verbessert, es werden immer häufiger und immer mehr internationale Konferenzen durchgeführt und Abmachungen getroffen. Solche Maßnahmen reichen aber nicht aus, denn damit bekämpft man nur die Symtome.
Nachhaltig ist nur eine Lösung, welche die Wurzel der Probleme beseitigt: gesundheitliche Defizite. Eine solche Lösung hätte den Vorteil, dass sie durch Selbstkontrolle wirkt, dadurch äußerst effizient ist und Kosten, Schäden, Krankheiten und viel Leid verhindern würde.
Wenn die notwendige innere Gesundheit fehlt, dann werden Menschen bei ihrer Kreativität immer Wege finden, um kriminelle, destruktive und rein egoistische Absichen durchzusetzen. Das beste Beispiel ist das Internet. Dieses universale Netz ist nicht nur ein enormer technologischer Fortschritt, es ist zugleich durch Missbrauch (z.B. Darknet) eine der größten Bedrohungen der gesellschaftlichen Ordnung geworden.
Abbildung 2: Ursachen der weltweiten Probleme/Unordnung
Der neue, der sechste Kondratieffzyklus ist eine Plattform, von der aus eine nachhaltige Lösung erreicht werden kann. Zum ersten Mal in der Geschichte sind die Menschen jetzt herausgefordert, ihre Kreativität, Innovationskraft und ihre Nachfrage nicht primär in Richtung mehr Konsum, neuer Maschinen, neuer Energiequellen, neuer Hardwaretechnologie zu investieren (Abbildung 3). Wir verlassen das Wachstumsmuster der früheren Kondratieffzyklen. Jetzt tritt der Mensch mit seinen Defiziten, Problemen und Potentialen in das Zentrum der Entwicklung.
Ein solches Projekt ist keine unrealistische Utopie. Geld ist reichlich vorhanden, Arbeitskräfte sind reichlich vorhanden, Forschungskapazitäten sind reichlich vorhanden. Wir verfügen über leistungsfähige Informations-, Kommunikations- und Transporttechnologien, es fehlt nicht an entscheidungsfreudige Unternehmer und gemeinnützige Stiftungen, an wissenschaftlicher und künstlerischer Kreativität und auch nicht an weltweit ausgerichteten Institutionen, Konferenzen und Symposien, um die Probleme global anzugehen.
Was fehlt, ist die bewusste und konsequente Umsetzung dieser Ressourcen mit dem Ziel, die gesunden Potentiale der Menschen besser als bisher zu erschließen.
Anhang: Der Unterschied zwischen psycho-vital und psycho-sozial
Die Verwendung des Begriffes “Psycho” sowohl auf der zweiten wie auf der vierten Ebene kann zu Missverständnissen führen (Abbildung 2). Deshalb soll auf diese beiden Ebenen nocheinmal kurz eingegangen werden.
Abbildung 3: Die langen Konjunktzyklen der Weltwirtschaft
In der Alltagssprache und oft auch in der wissenschaftlichen Literatur werden beide Ebenen nicht sauber voneinander getrennt. In beiden Fällen geht es um die Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen. Auf der zweiten Ebene wird das soziale Verhalten von angeborenen, biologischen Programmen gelenkt (Instinkten, Trieben, Emotionen, Archetypen). Auf der vierten Ebene wird das soziale Verhalten nicht von der Biologie, sondern von Moral und Ethik bestimmt.
Eine typische Erscheinung sozialen Verhaltens ist die Gruppenbildung (Club, Verband, Betrieb, Volksstamm, Nation). Ist die Gruppenbildung psychovital begründet, dann gilt der Zusammenhalt vorzugsweise und oft nur zwischen der Mitgliedern der Gruppe. Gegenüber denjenigen, die nicht zur eigenen Gruppe gehöre, kann die Haltung von Gleichgültigkeit, Ablehnung bis Feindschaft variieren. Wenn Menschen wegen ihrer Hautfarbe, Geschlecht, Religion, Vermögen oder Bildung unterschiedlich behandelt werden, dann ist dieses Verhalten typisch für die psychovitale Ebene.
Diese Haltung unterscheidet sich grundlegend vom psychosozialen Verhalten. Auf der vierten Ebene bestimmen die Tugenden das Verhalten (insbesondere die Wahrhaftigkeit und die Menschenliebe). Ungerechte, menschenfeindliche, kriminelle und destruktive Verhaltensweisen sind dadurch ausgeschlossen.