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Häufig gestellte Fragen zum 6. Kondratieff

 

Hier eine Übersicht auf häufig gestellte Fragen zum sechsten Kondratieff mit ihren Antworten

von Leo Nefiodow 


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1. Warum herrscht in den USA und Deutschland Vollbeschäftigung? 



2. Geht der Kapitalismus seinem Ende entgegen? 


3. Die Digitalisierung ist kein Träger des sechsten Kondratieffs
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4. Die Rolle des Gesundheitswesens neu denken

3. Die Digitalisierung ist kein Träger des sechsten Kondratieffs


Leo Nefiodow, April 2017

 


Die Digitalisierung im 21. Jahrhundert wird heute als eine unverzichtbare und zukunftsträchtige Technologie angesehen. Das dürfte unstrittig sein. Sie wird teilweise aber auch als Träger des sechsten Kondratieffs eingestuft. Dem muss widersprochen werden. Warum? Weil die Digitalisierung drei Hauptkriterien zur Identifizierung des sechsten Kondratieffzyklus nicht erfüllt: die Kriterien des neuen Marktes, der Vollbeschäftigung und des Lebenszykluses.  

Das Kriterium des neuen Marktes

Rein ökonomisch gesehen ist ein Kondratieffzyklus ein Konjunkturzyklus mit einer Dauer von 40-60 Jahren. Seine Auslöser und Träger sind ganz neue Innovationen, die es vorher nicht gab und durch die ein ganz neuer Markt erschlossen wird. Wie die folgenden Ausführungen zeigen, wird dieses Kriterium von der Digitalisierung nicht erfüllt. 

Ein kurzer Blick zurück in die letzten 75 Jahre zeigt, dass die Digitalisierung mit der Erfindung des ersten funktionsfähigen digitalen Computers 1941 begann. Anfang der 1950er Jahre wurden in den USA die ersten digitalen Computer im kommerziellen Bereich eingeführt. Damit begann die Karriere der Digitaltechnik. 
 

Abbildung 1: Die langen Wellen und ihre wichtigsten Anwendungsfelder


Die Entwicklung und weltweite Verbreitung der Digitaltechnik war der Motor des fünften Kondratieffs (Abb. 1). Die erste Phase wurde durch den Einsatz des digitalen Universalcomputers (Mainframe) geprägt (Abb. 2). Es war die große Zeit der elektronischen Datenverarbeitung (EDV).  Am Ende dieser Phase gab es weltweit 10 Millionen Benutzer. 
 

Abbildung 2: Die Ausbreitung der Digitaltechnik im fünften Kondratieff 


Die zweite Phase des fünften Kondratieffs wurde durch den Personal-Computer (PC) geprägt (Abb. 2). Damit wurde der Computer zur Massenware. Seine leichtere Bedienbarkeit ließ die Zahl der weltweiten Benutzer rasch auf über 100 Millionen ansteigen. 

In der dritten und letzten Phase des fünften Kondratieffs standen das Internet, das World Wide Web sowie breitbandige und firmeninterne Netze im Vordergrund. In dieser Phase wurde der Weltmarkt umfassend von der Digitalisierung durchdrungen. Am Ende dieser Phase gab es weltweit eine halbe Milliarde Anwender.

Der fünfte Kondratieff ging mit der Jahrhundertwende zu Ende (Abb. 1). Die digitale Informationstechnik hatte zu diesem Zeitpunkt einen Umsatz von mehr als 2.000 Milliar-den US-Dollar erreicht und war zur größten Industriebranche der Welt aufgestiegen. Die weltweite digitale Vernetzung hatte einen Höchststand erreicht und alle Ebenen der Gesellschaft durchdrungen (Abb. 3). 

Die Digitalisierung war der technologische Auslöser und Träger des fünften Kondratieffs. Das Ende dieses Langzyklus bedeutete aber nicht das Ende der Digitalisierung. Diese zukunftsweisende Technologie wird auch im 21. Jahrhundert sich evolutionär weiter entwickeln und eine Schlüsselrolle für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen beibehalten. In manchen Ländern wird die Digitalisierung mit den Begriff „Industrie 4.0“ umschrieben.  

Ein Vergleich z.B. mit dem zweiten Kondratieff kann den evolutionären Charakter der Digitalisierung veranschaulichen. Die Eisenbahn war eine der Basisinnovationen des zweiten Kondratieffs (Abb. 1). Vorher gab es keine Eisenbahnen. Als gegen Ende des 19. Jahrhunderts die meisten Städte über Eisenbahnnetze verbunden waren, ging der Eisenbahnboom und mit ihm der zweite Kondratieffzyklus zu Ende. 

 

*   Digitale Automatisierung und Vernetzung von Fabriken
*   Digitale Automatisierung und Vernetzung in und von Büros 
*   Digitale Automation und Vernetzung des Gesamtbetriebes
*   Digitale überbetriebliche Automation und Vernetzung 
*   Digitale weltweite Vernetzung (Internet, Satelliten, Kabelnetze)
*   Digitale Vernetzung beruflich, freiberuflich und im privaten Bereich

 

Abbildung 3: Die Digitalisierung im 20. Jahrhundert

Das bedeutete aber nicht das Ende des Eisenbahnbaus. Nach dem zweiten Kondratieff wurden Eisenbahnen weiter entwickelt, verbessert und genutzt. Auf die durch Kohle angetriebene Eisenbahn des zweiten Kondratieffs folgten die Elektro-Lokomotive im dritten Kondratieff, die Diesel-Lokomotive im vierten Kondratieff und neuerdings die Magnetschwebebahntechnik. Das alles gehört zur Evolution der Eisenbahntechnik. 

Die Digitalisierung im 21. Jahrhundert wird für den sechsten Kondratieff unverzichtbare Beiträge liefern (z.B. in den medizinischen Anwendungen der Nanotechnologie, der Robotik und in den zukünftigen Informations- und Kommunikationstechnologien). Aber die Digitalisierung im 21. Jahrhundert ist grundsätzlich nichts Neues, ist keine technologische Revolution, sondern technologische Evolution. 

Das Kriterium der Vollbeschäftigung

Mit einem neuen Kondratieffzyklus entsteht ein ganz neuer Markt und mit dem neuen Markt viele ganz neue Arbeitsplätze. Die Länder, die eine führende Rolle bei der Erschließung eines Kondratieffzyklus besaßen, haben stets Vollbeschäftigung erreicht, weil die neuen Arbeitsplätze wesentlich zahlreicher waren als die wegrationalisierten. 

Einen starken Anstieg der Beschäftigung ist von der Digitalisierung aber nicht zu erwarten. Alle Prognosen besagen, dass es zwar neue Arbeitsplätze geben wird, dass aber mindestens genau so viele bestehende Arbeitsplätze verloren gehen werden. Unter dem Strich dürfte die Zahl der verlorenen Arbeitsplätze sogar höher sein als die neu geschaffenen. Das ist typisch für eine reife Technologie: Es gibt bereits viele Spezialisten und viel Knowhow auf diesem Gebiet, dadurch wird die vorhandene Kompetenz vorrangig in Rationalisierung gelenkt. 

Das bedeutet: Die Digitalisierung wird keine Jobmaschine sein. Im Gegenteil. Das widerspricht der Forderung, die an den Träger eines Kondratieffzyklus gestellt wird. 

Dass das Kriterium der Vollbeschäftigung auch heute gilt zeigen die Beispiele USA und Deutschland. Beide Länder haben inzwischen Vollbeschäftigung erreicht, weil sie das arbeitsschaffende Potential des sechsten Kondratieffs – das in der Gesundheitswirtschaft schlummert – konsequent erschließen (siehe den Beitrag zur Vollbeschäftigung im Fenster „Fragen zum sechsten Kondratieff“). 

Der Jobmotor des sechsten Kondratieffs ist die Gesundheitswirtschaft. Und das ist zugleich die Chance, um den Rückgang der Beschäftigung, der durch die Digitaltechnik zu erwarten ist, über neue Arbeitsplätze im Gesundheitswesen abzufangen.  

Das Kriterium des Lebenszyklus

Bahnbrechende Neuerungen – die sogenannten Basisinnovationen – sind die Auslöser und Träger eines Kondratieffzyklus. Mit der Basisinnovation entsteht eine ganz neue Industrie, die eine Leitfunktion für die Dauer des Kondratieffzyklus gewinnt. Der Lebenszyklus einer Basisinnovation und der sie verwertenden Leitindustrie kann z.B. über die S-Kurve bestimmt werden. Der Lebenszyklus beginnt mit der Markteinführung der Basisinnovation und endet mit dem Wendepunkt der S-Kurve vom dynamischen Wachstum in die Horizontale. Die Abbildung 4 zeigt das am Beispiel des fünften Kondratieffs. 

Die Digitalisierung besteht inzwischen (2017) seit fast 70 Jahren und wird noch länger anhalten. Der/die Träger eines Kondratieffzyklus müssen einen Lebenszyklus besitzen, der zwischen 40-60 Jahren liegt. Diese Bedingung wurde mit der digitalen Informationstechnik im fünften Kondratieff erfüllt (Abb. 4).  
 

Abbildung 4: Die Entwicklung der informationstechnischen Industrie als Leitindustrie des fünften Kondratieffs

Das bedeutet aber nicht das Ende der informationstechnischen Industrie. Diese Branche verliert mit dem Ende des fünften Kondratieffs nur ihre Leitfunktion für die gesamte Wirtschaft (Illustration 5). Und damit verlagert sich der Schwerpunkt in der Informationswirtschaft von der Entwicklung und Herstellung der Informations-Technik zu den Informations-Diensten und Informations-Medien. Die Fortentwicklung in der Informationswirtschaft wird nicht mehr von den Herstellern der IT (Firmen wie IBM, Hewlett Packard, CDC, Fujitsu etc). bestimmt, sondern von den Anwendern (Google, Facebook, Amazon, CNN und ihren Nachfolgern). 

Zum Kondratieffzyklus gehört nur der Zeitabschnitt, in dem die neue Basisinnovation in den Markt eingeführt wird, sich dynamisch ausbreitet (Illustration 4). Das gilt für alle Kondratieffzyklen. Als alle größeren und mittleren Städte in einem Land mit Eisenbahnen verbunden waren, ging der zweite Kondratieff zu Ende (Illustration 1). Die Eisenbahntechnik hatte ihre Leitfunktion für die gesamte Wirtschaft verloren und wurde zu einer ganz normalen Branche. 

Abbildung 4: Anteil der informationstechnischen Industrie am
Wachstum des Bruttoinlandsproduktes

Einschließlich des Umsatzes mit Telekommunikationsdiensten. Gemittelte 3-5 Jahres-Werte. Die Wertschöpfung wurde mit 50% des IT-Umsatzes angesetzt. 

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